Dieses Jahr wird alles besser

Irgendwie war's erst gestern, wo ich noch auf eigene Vorsätze geschissen und fremde belächelt habe. Warum und wie sollte sich schon was verändern und am wenigsten würde ich mich verändern. Ich hatte keine Angst vorm Scheitern, ich hatte einfach keine Lust. Mit einem bequemen es kommt schon alles wies kommen soll, konnte ich alles um mich herum und mich selbst einfach so passieren lassen. Das Leben hat die Geschichten geschrieben und man musste sich nur mit den Menschen vergleichen, die man täglich sah. Rückblickend kann ich nicht mehr sagen, ob ich mit Leichtigkeit oder leichtfertig von einen in den anderen Tag gestolpert bin. Irgendwann haben sich Termine in meinen Alltag geschlichen und meine Mama hat die Frechheit besessen mich nicht mehr daran zu erinnern. Seitdem habe ich versucht regelmäßig einen Taschenkalender zu führen, wie richtige Erwachsene, bis heute allerdings mit mäßigem Erfolg. Allerdings wächst der Druck und der Wille das Beste aus mir und meinem Leben herauszuholen. Ich will Entscheidungen bewusst treffen und die Kontrolle behalten. Mit meinem neuen Motto - oder schicker "Mantra" - Ich kann alles erreichen was ich will, steh ich nun vor dem Problem, dass ich mir nicht sicher bin, was ICH will oder was ich vielleicht nur denke zu wollen. Früher konnte ich mich schneller für ein neues Tattoo entscheiden als heute für mein Mittagessen. Scheiß Eigenverantwortung, wo sind die Menschen hin, denen ich meinen Mist in die Schuhe schieben kann, dieses Erwachsen sein scheint nicht das Richtige für mich zu sein. Mein Kopf ist also bis heute das reinste Chaos und bittet regelmäßig darum einzelne Gedankenfetzen in die richtige Box zu packen und ordentlich im Kallax zu verstauen. Mein fortschreitendes Alter, mein Pädagogenköpfchen und der allgemeine Trend zur Selbstopti...ehhh Selbstfürsorge -natürlich-, haben mich dazu bewogen, mir "zwischen den Tagen" etwas Zeit für mich zu nehmen, um das vergangene Jahr zu reflektieren und das kommende zu visionieren. Gut sortiert und motiviert in 2021. Dieses Mal werde ich die beste Version von mir selbst. Eine einfühlsame und nervenstarke Mutter, eine strukturierte und nachhaltig befähigende Pädagogin, eine kreative und fleißige Unternehmerin und eine gute Freundin, die sich genügend Zeit nimmt, um das Leben zu genießen. Vielleicht werde ich sogar ein bisschen Sport machen, aber natürlich ganz ohne Druck. Klar. Dank verschiedener Umstände slide ich positiv und ohne Kater in den ersten Tag. Ganze zwei Stunden später sitze ich fluchend auf dem Fußboden und wickle Packpapier um einen Karton. Leicht verschwitzt schaffe ich es auf den letzten Drücker mein Geschenk abzuliefern und gegen eine Flasche Sekt zu tauschen. 18ter Geburtstag 2.0 - online Anstoßen und Ständchen singen. Während sich das Geburtstagskind verabschiedet, um die neu gewonnene Freiheit auf vier Rädern zu genießen, genieße ich meinen zweiten Sekt auf nüchternen Magen - was man von mir recht schnell nicht mehr behaupten konnte. Weitere Ausführungen erspare ich mir und euch. Nur so viel - ich musste meine Zähne am kommenden Morgen mehr als einmal putzen. Den ersten Tag versaut und verloren. Mein 15-Jähriges Ich hat es besser gewusst, Vorsätze und ich, das funktioniert wohl nicht. Immerhin hab ich jetzt ein klares Ziel für 2021 - der erste Tag soll der schlechteste bleiben.

Um am Ende nochmal für alle zu sprechen, unterm Strich:

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2021, wir haben Bock auf dich.

Cathi, 08.01.2021

Die Unschuld vom Lande

Bei uns gibt es sowas nicht, hier ist die Welt noch in Ordnung. Man kennt sich, man vertraut sich, man steht sich nah. So nah, dass die Hand am Po ignoriert und der Spruch zum vermeintlich zu kurzen Kleidchen weggelächelt wird.

Und dann stehst du da, vorm Tresen, mit jedem Schluck wird die eh schon viel zu kleine Mauer von Anstand und Respekt im Alkohol ertränkt. Unter den Blicken von den dir so vertrauten Menschen wird deine Grenze überschritten. Du fühlst dich bedrängt und suchst mit eindringlichem Blick nach jemandem der deine Verzweiflung erkennt und unauffällig zur Hilfe eilt. Ja kein Fass aufmachen, niemanden bloßstellen, die Situationen nicht noch unangenehmer machen, schließlich muss man sich morgen wieder in die Augen sehen. Stattdessen wird weggeschaut oder noch lachend applaudiert. Keiner stellt sich gegen seinen, Freund, Vater oder Saufkumpan. Und wenn du später wissen willst, warum dir niemand geholfen hat, dann, weil „das doch normal ist“, weil „du das doch witzig findest“, weil „du das doch provozierst“.

Glaubenssätze wie, „wir sind nicht solche Zicken“, „wir regeln das allein“, „ wir können noch was ab“, haben lange dafür gesorgt, dass ich mich weder in der Situation gewehrt noch danach darüber gesprochen habe.

Ich dachte wirklich, dass ich nicht von Nötigung und Belästigung betroffen bin, bis ich erkannt habe, dass ich dieses Verhalten immer in die Schublade mit der Aufschrift „normales Verhalten“ einsortiert habe. Manchmal weiß ich heute noch nicht, wie ich in Situationen wie diesen reagieren soll und ich weiß, dass ich damit nicht allein bin.

Also sensibilisiert euch, reicht euch die Hände und haltet zusammen. Damit unsere Kinder irgendwann nicht überlegen müssen, wie sie mit dem Knutscher und der zu festen Umarmung von dem Onkel umzugehen haben.

Cathi, 18.04.2021